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Motivation von Auszubildenden – wie sie bleibt, was sie braucht, was sie zerstört

Wer ausbildet, kennt das: Anfangs sind viele Auszubildende neugierig, interessiert, manchmal sogar richtig begeistert. Doch im Laufe der Jahre kann sich diese Anfangsmotivation schnell verflüchtigen – besonders wenn Ausbildungsbetriebe nicht gezielt daran arbeiten, Motivation langfristig zu erhalten. Dabei geht es nicht nur darum, ständig neue Anreize zu setzen. Viel entscheidender ist: Wie gelingt es, bereits vorhandene Motivation zu erhalten, zu stärken und in positive Energie für Lernen und Leistung zu verwandeln?

In diesem Beitrag zeigen wir, wie du Auszubildende nachhaltig motivieren kannst – und was du unbedingt vermeiden solltest.

Motivation ist mehr als Belohnung

Die Forschung unterscheidet zwei große Formen von Motivation:

  • Extrinsische Motivation entsteht durch äußere Anreize wie Belohnung, Lob oder Druck.
  • Intrinsische Motivation entsteht aus innerem Antrieb: dem Wunsch zu lernen, etwas zu bewirken, etwas zu verstehen.

Beide Motivationsarten sind in der Ausbildung wichtig – doch nachhaltige Leistungsbereitschaft basiert vor allem auf intrinsischer Motivation. Diese kann jedoch schnell zerstört werden, wenn Rahmenbedingungen nicht stimmen (vgl. Deci & Ryan, 1985: Self-Determination Theory).

Die 6 wichtigsten Motivationsfelder in der Ausbildung

1. Beziehung & Zugehörigkeit – „Ich bin Teil des Ganzen“

Ein gutes Miteinander, echte Wertschätzung und das Gefühl, dazuzugehören, sind essenziell für Motivation. Gerade am Anfang der Ausbildung suchen viele junge Menschen nach Orientierung und einem Platz im Team. Wenn sie das Gefühl haben, willkommen zu sein, trauen sie sich eher, Fragen zu stellen und aktiv mitzuwirken. Beziehungspflege braucht nicht viel Aufwand, aber kontinuierliche Aufmerksamkeit. Kleine Rituale, wie ein „Guten-Morgen“-Rundgang oder regelmäßige Gespräche, schaffen Vertrautheit und Bindung.

Was Auszubildende brauchen:

  • Einen festen Ansprechpartner*in, der/die sich wirklich für sie interessiert
  • Persönliche Gespräche, z. B. monatliche Feedbackgespräche
  • Rituale wie Azubi-Treffen, gemeinsame Mittagspausen oder Willkommenstage

Negativbeispiel: Kein Feedback, kein Willkommen, keine Integration – das signalisiert: „Du bist hier nur eine Nummer.“

Praxis-Tipp: Führ ein Patenmodell ein – eine erfahrene Fachkraft begleitet neue Azubis im Alltag.


2. Sinn & Relevanz – „Was ich tue, ist wichtig“

Junge Menschen wollen verstehen, warum sie etwas tun. Wer den tieferen Sinn ihrer Tätigkeit nicht vermittelt bekommt, arbeitet oft nur mechanisch. Es lohnt sich, Azubis zu erklären, wie ihre Arbeit ins große Ganze passt: Welchen Beitrag leisten sie zum Produkt oder zur Dienstleistung? Wie profitieren Kund:innen davon? Auch das Aufzeigen von Entwicklungsperspektiven oder gesellschaftlicher Relevanz kann motivieren. Wichtig ist: Was für dich selbstverständlich ist, ist für Azubis oft neu und spannend.

Was Auszubildende brauchen:

  • Klare Verknüpfung von Aufgaben mit dem „großen Ganzen“
  • Wissen über den Kundennutzen oder gesellschaftlichen Beitrag der Arbeit
  • Beteiligung an kleineren Projekten mit sichtbarem Impact

Praxis-Tipp: Lass Azubis kurze Blogbeiträge oder Social-Media-Posts über ihre Aufgaben schreiben – das schärft ihr Bewusstsein für Sinn und Wirkung.


3. Autonomie & Verantwortung – „Ich darf mitgestalten“

Selbstbestimmung ist ein starker Motivator. Wenn Azubis eigene Entscheidungen treffen dürfen und Verantwortung übernehmen, steigt ihre Identifikation mit der Ausbildung. Das beginnt bei kleinen Entscheidungen: Welche Aufgabe möchtest du zuerst übernehmen? Welche Methode würdest du wählen, um etwas zu lernen? Später können sie eigene Projekte übernehmen oder in Teams Verantwortung für bestimmte Abläufe tragen. Wichtig dabei: Fehler sind erlaubt – sie sollten als Lernchance begriffen werden, nicht als Makel.

Was Auszubildende brauchen:

  • Entscheidungsspielräume (z. B. in Projekten oder Lernformen)
  • Verantwortung für kleine Aufgabenbereiche (z. B. Azubi-Newsletter, Geräteverwaltung)
  • Einbindung in Entscheidungen, z. B. durch Azubi-Beiräte

Praxis-Tipp: Lass Azubis ihre eigene Lernstation gestalten oder eigenständig eine kleine Einführung für neue Kolleg:innen vorbereiten.


4. Kompetenz & Entwicklung – „Ich wachse über mich hinaus“

Das Gefühl, etwas zu können und dazuzulernen, ist ein zentraler Motor für Motivation. Wenn Azubis merken, dass sie Fortschritte machen, erleben sie sich als wirksam und kompetent. Dafür brauchen sie Aufgaben, die ein gutes Gleichgewicht zwischen Fordern und Fördern haben. Ideal ist es, wenn du ihnen zutraust, die nächste Stufe zu erreichen, und sie dabei begleitest. Konstruktives Feedback ist dabei essenziell: Was war gut? Was können sie noch verbessern? Auch formale Lernangebote wie Seminare oder interne Workshops unterstützen das Wachstum.

Was Auszubildende brauchen:

  • Aufgaben, die fordern – aber nicht überfordern
  • Regelmäßiges, konstruktives Feedback
  • Eine Kultur, in der Fehler als Lernchancen gelten

Negativbeispiel: Nur Routineaufgaben, keine Lernziele, keine Rückmeldung – da schwindet das Gefühl von Wachstum.

Praxis-Tipp: Nutze das Prinzip „Zone der nächsten Entwicklung“ (Vygotsky): Aufgaben sollten immer leicht über dem aktuellen Niveau liegen – mit Anleitung schaffbar.


5. Struktur & Sicherheit – „Ich weiß, woran ich bin“

Klare Rahmenbedingungen, geregelte Abläufe und transparente Erwartungen geben Sicherheit – gerade zu Beginn der Ausbildung. Wenn Azubis wissen, was auf sie zukommt, was von ihnen erwartet wird und wohin sie sich wenden können, reduziert das Stress und Unsicherheit. Ein strukturierter Ausbildungsplan, klare Zuständigkeiten und regelmäßige Reflexionsgespräche helfen dabei. Auch der Umgang mit Fehlern spielt hier eine Rolle: Wer lernt, dass Fehler nicht zu Sanktionen, sondern zu Erkenntnissen führen, bleibt motivierter und mutiger.

Was Auszubildende brauchen:

  • Klare Pläne und transparente Erwartungen
  • Frühzeitige Information über Prüfungstermine, Einsatzpläne etc.
  • Verlässliche Strukturen für Lern- und Reflexionszeiten

Praxis-Tipp: Entwickle einen Onboarding-Plan mit definierten Stationen, Meilensteinen und regelmäßigen Reflexionsgesprächen.


6. Anerkennung & Belohnung – „Meine Leistung zählt“

Leistung will gesehen werden. Eine Kultur der Anerkennung bedeutet nicht nur gelegentliches Lob, sondern ein echtes Interesse an dem, was Azubis leisten. Das kann ganz konkret sein: ein Dank für ein gut gelungenes Projekt, eine öffentliche Würdigung im Team, ein persönliches Gespräch mit der Teamleitung. Auch kleine Belohnungssysteme oder Prämienprogramme können motivieren, wenn sie transparent und fair gestaltet sind. Wichtig ist dabei: Anerkennung sollte individuell und authentisch sein – und nicht inflationär oder beliebig.

Was Auszubildende brauchen:

  • Ehrliches, wertschätzendes Feedback
  • Sichtbare Anerkennung im Team (z. B. bei Meetings)
  • Kleine Extras: Weiterbildung, Events, Zertifikate

Praxis-Tipp: Führ eine Azubi-Galerie ein mit Erfolgsgeschichten oder „Azubi des Monats“.

Was demotiviert – und wie du das vermeidest

Manchmal ist es gar nicht nötig, neue Motivation zu erzeugen – sondern einfach, keine vorhandene zu zerstören. Häufige Motivationskiller:

  • Respektloser Umgangston („Das ist doch nicht so schwer!“)
  • Mangel an Feedback oder Feedback nur bei Fehlern
  • Keine echte Einbindung ins Team
  • Keine Entwicklungsmöglichkeiten oder reine Hilfsarbeiten
  • Unfaire oder intransparente Bewertungen

 

Fazit: Motivation ist Beziehungsarbeit

Wer Auszubildende motivieren will, muss vor allem eines tun: sich für sie interessieren. Es geht um eine Haltung der echten Begleitung – nicht der Kontrolle oder Erziehung. Eine gut strukturierte, wertschätzende Ausbildung, die Raum für Mitgestaltung, Entwicklung und Beziehung lässt, sorgt dafür, dass Motivation nicht nur entsteht – sondern bleibt.